Dienstag, 23. August 2016

Michael Oehme: Vom „klassischen“ Sachwertebegriff verabschieden


Prof. Dr. Karl-Georg Loritz zum veränderten Sachwertebegriff und in was Anleger investieren sollten


St.Gallen, 22.08.2016. „Das Streben nach sicheren Geldanlagen hat in der Zeit des von den Notenbanken erzeugten Nullzinsniveaus den Blick intensiv auf Sachwerte gelenkt. Insbesondere Immobilien bewahrten jahrzehntelang, sogar in Krisenzeiten, vor dem Verlust der Vermögenssubstanz. Ihre Werte stiegen bis zum Ende der 1980er Jahre in Deutschland weithin kontinuierlich an. Spätestens jedoch mit der Immobilienblase in den neuen Bundesländern zum Ende der 1990er Jahre platzte die Illusion von der Wertstabilität der Immobilien“, schreibt Professor Dr. Karl-Georg Loritz in einem aktuellen Aufsatz „Sachwerte – Brauchen wir ein grundlegend neues Verständnis“ (http://www.ifit-schweiz.ch/publikationen). Der wissenschaftliche Beirat des Schweizer Instituts für integrale Transparenz (IFIT) stellt folgerichtig die Frage: In was aber soll der private und institutionelle Anleger in der heutigen Null-Zins-Zeit investieren? Immer wieder würden dabei von Beratern Aktienbeteiligungen an Unternehmen als Sachwerte angeboten. Die Aktionäre seien ja „mittelbar“ an den Vermögenswerten der Unternehmen beteiligt. Loritz rät zur Vorsicht: „Die wertvollsten Aktiengesellschaften der Welt nämlich Facebook, Google und Microsoft haben so gut wie keine greifbaren Sachwerte. Ihr Wert besteht vor allem in der Vielzahl der Nutzer. Diese Unternehmen haben die Welt ohne Präsenz von Niederlassungen „erobert“. Die von Google erfundene Software könnte mittels lediglich ein paar Kartons füllende Speichermedien an jeden Ort der Welt transportiert werden. Dennoch sind gerade auch deren Aktienkurswerte höchst volatil. An nur einem Tag kann der Anleger einen Großteil seiner Vermögenssubstanz verlieren.“ Er rät daher, sich grundsätzlich vom Sachwertebegriff zu verabschieden und nach Nischen bei Anlageprodukten zu suchen. Man müsse hierzu vor allem die Zielinvestments vor der Überlegung in den Blick nehmen, ob sie geeignet seien, Gewinn zu machen und so eine angemessene Rendite weiterzugeben. Eine Möglichkeit sieht er hierbei in der Chance, am Neubau von Immobilien zu partizipieren. Loritz abermals wörtlich: „So sind Neubauwohnungen in der heutigen Zeit des schnellen Abverkaufs ein sehr gutes Investment (nur) für denjenigen, der aktiv in den Wertschöpfungsprozess zu Beginn des Lebenszyklus eingebunden ist. Nur wenige deutsche Bauträgerunternehmen bieten privaten Investoren den Einstieg in solche Projektfinanzierungsmöglichkeiten an. Auch in anderen Ländern, wie etwa in der Schweiz, gibt es so etwas in kleinerem Umfang. Hier verlangen Banken bei Bauträgern einen relativ hohen Einsatz von Eigenkapital, das mancher Entwickler und Bauträger durch Anlegergelder finanziert.“ In beiden Märkten sieht er durch die große Nachfrage nach neuen Wohnungen im Abverkauf und damit der Gewinnrealisierung kein Problem, so lange die üblichen Standortfaktoren eingehalten würden. Dies macht deutlich: Der tradierte Sachwertbegriff ist zumindest zu hinterfragen und dahingehend zu überprüfen, ob nicht das Partizipieren an der Wertschöpfung zur Schaffung eines Sachwertes intelligenter ist, als der Besitz desselben. Die Einschätzung: Sachwert = Sicherheit sollte man dabei nicht mehr unreflektiert übernehmen, dies würde dem Umbruch des Sachwertgedankens nicht mehr gerecht.

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