Dienstag, 19. Juli 2016

Kommunikationsdesaster Brexit

Vielleicht geht es Ihnen wie mir. Ich sitze wie oft vor dem Fernseher und schüttle nur den Kopf. Gerade gestern wieder. Eine englische Fernsehanstalt interviewte einen typischen mittelständischen englischen Unternehmer. Seine Firma ist vom Export abhängig. Er hat Angst vor der Zukunft. Nein, er sei gegen den Brexit gewesen. Und seine Arbeiter - ebenfalls interviewt -, sie haben für den Brexit gestimmt. Wenn England wieder alles alleine bestimmen kann, wird alles besser. Was sie vergessen haben, ist die Realität.   

Muss man die Menschheit vor sich selbst schützen?
Es ist gar noch nicht so lange her, da kannte man in Deutschland (aber auch in anderen Ländern) das Dreiklassenwahlrecht. Wer noch nie davon gehört hat, dem empfehlen wir die Darstellung bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Dreiklassenwahlrecht). Vereinfacht gesagt, wurde die Stimmenwertigkeit am Steueraufkommen gemessen. „Zahlste viel Kohle an den Staat, haste eben mehr mitzureden“, ist vereinfacht der Grundsatz. Hätte uns das vor dem Brexit bewahrt? Fakt ist, dass gerade einfache Menschen in England den Ausstieg wagen wollten. Wir lassen das mal wertfrei stehen. Künftig dürften diese Menschen wohl weniger Angst vor einer Überfremdung haben. Warum sollte man auch Polen für ein dann verarmtes England verlassen. Ich weiß, ich bin zynisch. Aber diese dumme Entscheidung bietet wenig Freiraum für Intellektualität. 


Versagen der PR
Gerade junge Menschen haben versäumt, beim Brexit mitzustimmen. Der Kater am nächsten Morgen war groß. „Wir hielten es nie für möglich, dass das kommt“. Ein Rückrudern, undenkbar. Warum eigentlich? Aber Fakt ist: die Chancen, die die Europäische Union für England bietet, wurde kaum diskutiert und im Sinne einer positiven PR auch kaum ins Rennen geschickt. Englands Premierminister David Cameron hat das Europäische Bündnis leichtfertig politischen Zielen geopfert und dann - sorry für den Ausdruck - schwanzlos seinen Rücktritt erklärt. Zu Zeiten des Dreiklassenwahlrechtes hätte man noch für solches politisches Fehlversagen mit der Postkutsche nachts in ein anderes Land fliehen müssen. Aber in diesen Zeiten mussten politische Führer auch noch Verantwortung zeigen. Früher war nicht alles besser, aber es drängt sich der Eindruck auf: ein bisschen ehrlicher. Und Cameron freut sich jetzt auf seine Pension. Zumindest so lange, wie sie der englische Staat noch zahlen kann. 

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