Je schlechter es den übrigen Europäern geht, umso attraktiver wird die reiche Schweiz. Jetzt ziehen die Eidgenossen die Notbremse. Für mindestens ein Jahr begrenzen sie die Zuwanderung von Bürgern aus allen EU-Ländern.
Die Regierung
in Bern hat beschlossen, die sogenannte Ventilklausel ab Mai auch auf die 17
alten EU-Staaten anzuwenden, darunter auch Deutschland. Die Regelung sieht vor,
den Zugang von EU-Ausländern zum schweizerischen Arbeitsmarkt unter bestimmten
Bedingungen zu kontingentieren. Die Klausel werde angewandt, um die Zuwanderung
aus dem EU-Raum "wirtschafts- und gesellschaftsverträglich zu
gestalten", erklärte die Regierung. Diese
Beschränkung galt bisher nur für die acht neuen Länder der Europäischen Union,
also Estland, Litauen, Lettland, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien Ungarn.
Betroffen sind Langzeit-Aufenthaltsbewilligungen für fünf Jahre. Für
kurzzeitige Arbeitsaufnahmen soll es keine Limitierung geben.
Insgesamt soll
die Zahl der Fünfjahresbewilligungen für Bürger der EU-17-Staaten ab Mai
zunächst für ein Jahr auf maximal 53.700 begrenzt werden. Für Bürger der
EU-8-Staaten wird die entsprechende Zahl auf 2180 beschränkt. Die Klausel war
in die sogenannten Freizügigkeit-Verträge mit der EU für den Fall eingebaut
worden, dass die Zuwanderung in einem Jahr um mindestens zehn Prozent über dem
Durchschnitt der vorangegangenen drei Jahre liegt. Mit jährlich 60.000 bis
80.000 Menschen, die in den vergangenen Jahren aus der EU in die Schweiz zogen,
ist diese Bedingung nach Angaben des Justizministeriums erfüllt. Die Begrenzung
gilt allerdings nur für ein Jahr. Sie war als Übergangslösung gedacht. Nach dem
31. Mai 2014 darf die Schweiz die Zuwanderung aus der EU nicht mehr
einschränken.
Die
Wirtschaftskrise in der EU zieht immer mehr Menschen auf der Suche nach Arbeit
vor allem aus Südeuropa in die Schweiz, wo die Arbeitslosenquote bei leicht
über drei Prozent liegt. Viele Schweizer machen den Zustrom aber für steigende
Mieten und verstopfte Straßen verantwortlich. Die rechtskonservative
Schweizerische Volkspartei (SVP) brachte in wenigen Monaten knapp 140.000
Unterschriften für eine Volksabstimmung unter dem Titel "Gegen
Masseneinwanderung" zusammen. Doch die Schweizer Wirtschaft ist auf
ausländische Arbeitskräfte, gute Beziehungen und offene Grenzen zu den
EU-Nachbarländern angewiesen, die mehr als die Hälfte der Schweizer Exporte
abnehmen. Insgesamt leben in der Schweiz rund acht Millionen Menschen. Mehr als
1,2 Millionen besitzen einen Pass eines EU-Landes.
By VL/ Michael Oehme
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