Donnerstag, 13. Oktober 2016

Wenn Gewerkschafter gegen die PR-Abteilung kämpfen

Elmar Wiegand hat die Aktion Arbeitsunrecht gegründet und erforscht u.a. in diesem Zusammenhang gewerkschaftsfeindliche Maßnahmen in Deutschland. In dem interessanten Beitrag für die „junge Welt“ („Streikende und ihre Ziele werden diffamiert“) macht er auf einen Aspekt aufmerksam, auf den man ohne größeres Nachdenken sicher nicht gekommen wäre: Gewerkschafter sehen zudem die Arbeit von PR-Abteilungen der Unternehmen, für die beide tätig sind, als kritisch. 


Beitrag der Gewerkschaften zu stabiler Wirtschaft
Ohne Zweifel haben die Gewerkschaften zur Etablierung einer wirtschaftspolitisch stabilen Situation in der Bundesrepublik Deutschland über viele Jahrzehnte beigetragen, indem sie den Unmut der Beschäftigten kanalisiert und - so es möglich war – gemeinsam mit den Unternehmen (Unternehmern) Lösungen gefunden haben, diesen Unmut zu beruhigen. Anders als beispielsweise in den USA konnten dabei in der Regel partnerschaftliche Lösungen gefunden werden, ohne dass es zu unangemessenen Streikausfällen gekommen wäre. Auch kann man durchaus positiv konstatieren, dass die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung – zumindest in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg – weitgehend gewaltfrei verlief. Dieses positive Bild bestätigt sich auch durch die Wahrnehmung aus dem Ausland. Die Bundesrepublik Deutschland gilt als interessanter Investitionsstandort.

Streikmoral brechen
Kommt es dennoch zu einem Streik, ist man nach Meinung von Wiegand gut beraten, nicht nur die Protagonisten Gewerkschaften auf der einen Seite und Unternehmen auf der anderen Seite anzuschauen, sondern zunehmend auch andere Beteiligte, wie Polizei, Gerichte, spezialisierte Anwaltskanzleien – und eben auch die PR-Abteilungen der Unternehmen, die gerade bestreikt werden. Diese beeinflussen zunehmend die Medien und damit die Haltung der arbeitenden Bevölkerung, was sich auf die Streikmoral auswirke. 


Öffentlichkeit in Geiselhaft nehmen
Immer deutlicher wird dabei die These, dass die Gewerkschaften die Bevölkerung gewissermaßen in Geiselhaft nehmen würden, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Presse versucht dabei, von den eigentlichen Forderungen abzulenken und stellt die Unverantwortlichkeit der Streikenden in den Vordergrund - jüngst gut zu erkennen beim Streik der Erzieherinnen und Erzieher in Deutschland. Wenn die Behauptung, dass Mutti oder Vati wegen eines Streiks zu spät zur Arbeit kommen wichtiger ist, als der aus meiner Sicht berechtigte Hinweis, dass die Versorgung der Kinder generell schon deshalb immer mehr in weite Ferne rückt, da Erziehrinnen und Erzieher in Deutschland seit Jahren keine adäquate Einkommensanpassung bekommen haben und deshalb immer seltener werden, ist das der falsche Weg. Allerdings sind die Gewerkschaft auch gut beraten, sich diese neue Entwicklung in der PR der Unternehmen genauestens anzuschauen und angemessen darauf zu reagieren.

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